Baltische Staaten

Estland, Lettland und Litauen erhielten ihre staatliche Unabhängigkeit 1917/1918 nach dem Frieden von Brest-Litowsk. 1940 besetzte die Sowjetunion das Baltikum und gliederte die drei Länder als Sozialistische Sowjetrepubliken der UdSSR ein.

In Estland, dessen katholische Minderheit seit 1924 in einer Apostolischen Administratur organisiert ist, amtierte seit 1932 der Jesuit Eduard Profittlich, der 1936 zum Titularerzbischof von Adrianopoli erhoben wurde. Nach dem sowjetischen Einmarsch wurde er verhaftet und am 22. Februar 1942 ermordet. Bis zum Untergang der UdSSR konnte kein Nachfolger ernannt werden.

Das überwiegend protestantische Lettland bestand kirchlich aus der 1918/1923 wieder errichteten Erzdiözese Riga und dem erst 1937 gegründeten Bistum Liepāja mit folgenden Bischöfen:

1920 – 1958 Antonis Springovics, Bischof (1923 Erzbischof) von Riga

1923 – 1970 Jazeps Rancans, Weihbischof von Riga

1938 – 1965 Antonijs Urbšs, Bischof von Liepāja

Mons. Jazeps Rancans, exilierter Weihbischof von Riga

Schon kurz nach der kommunistischen Okkupation war an eine reguläre Seelsorge nicht mehr zu denken. Bischof Urbšs war amtsbehindert, und Weihbischof Rancans ging ins Exil in die Vereinigten Staaten. Vor diesem Hintergrund nahm Erzbischof Springovics am 25. Juli 1947 in Riga zwei geheime Bischofsweihen vor:

Kazimirs Dulbinskis, Titularbischof von Gerara

Peters Strods, Titularbischof von Stadia.

Beide Bischöfe waren als Weihbischöfe von Riga vorgesehen. Mons. Dulbinskis, der – wie auch Mons. Strods – bereits am 19. Juli 1946 ernannt worden war, wurde 1957 publiziert und war bis 1988 amtsbehindert; er konnte erst im Zuge der Perestroika bischöfliche Funktionen wahrnehmen. Die bischöfliche Würde von Mons. Strods wurde 1955 bekannt gegeben. Im Jahr darauf übernahm er neben seiner Funktion als Rigaer Weihbischof als Apostolischer Administrator die faktisch vakante Diözese Liepāja. 1959, nach dem Tod von Erzbischof Springovics, wurde er zudem Administrator von Riga, ehe er im Jahr darauf verstarb.

Die erste offizielle Bischofsernennung erfolgte in Lettland am 10. November 1964, als Mons. Julijans Vaivods Titularbischof von Macriana maggiore und Apostolischer Administrator von Riga und von Liepāja wurde. Seine Weihe fand schon acht Tage später statt. Am 2. Februar 1983 kreierte Johannes Paul II ihn zum ersten Kardinal des Landes. Weitere neue Bischöfe während der Jahre der Diktatur waren:

1972 – 1986 Weihbischof Valerians Zondaks, Riga und Liepāja

1982 – 1990 Weihbischof Janis Cakuls, Riga und Liepāja

1987 – 1991 Weihbischof Vilhelms Nukšs, Riga und Liepāja

In Litauen, wo die katholische Kirche die Mehrheit der Bevölkerung stellte und 1926 die kirchlichen Jurisdiktionsbezirke neu umschrieben worden waren, amtierten 1940 und kurz danach folgende Bischöfe:

Kaišiadorys: 1943 – 1962 Bischof Teofilius Matulionis, 1962 Erzbischof-Bischof

Kaunas: 1926 – 1959 Erzbischof Juozapas Skvireckas

Kaunas: 1940 – 1992 Weihbischof Vincentas Brizgys

Panevėžys: 1926 – 1958 Bischof Kazimieras Paltarokas

Telšiai: 1926 – 1943 Bischof Justinas Staugaitis

Telšiai: 1944 – 1946 Bischof Vincentas Borisevičius

Telšiai: 1944 – 1959 Weihbischof Prančiskus Ramanauskas

Vilkaviškis:1926 – 1947 Bischof Antanas Karosas

Vilkaviškis: 1940 – 1952 Weihbischof Vincentas Padolskis, 1950 Administrator

Vilnius: 1940 – 1954 Weihbischof Mecislovas Reinys, Titularerzbischof

Mons. Vincentas Brizgys

Mons. Vincentas Borisevičius

Mons. Mecislovas Reinys

Auch in Litauen begann das Leiden der Kirche schon kurz nach der Okkupation. Erzbischof Reinys verschwand in einem sibirischen Lager, und Bischof Borisevičius, 1946 zum Tode verurteilt, starb im Gefängnis. Weihbischof Ramanauskas wurde ebenso inhaftiert wie Bischof Matulionis, der bereits als Weihbischof in Leningrad Opfer des Terrors geworden war. Mons. Matulionis wurde schließlich 1962 ermordet; am 1. Dezember 2016 anerkannte Papst Franziskus ihn als verehrungswürdig, und am 25. Juni 2017 wurde er selig gesprochen. Erzbischof Skvireckas war amtsbehindert und starb 1959 im Tiroler Exil, und sein Weihbischof Brizgys exilierte in die USA. Auch Administrator Padolskis konnte seine Funktion nicht mehr ausüben.

Litauische Priester: nach der Rückkehr aus Sibirien und in Priesterkleidung

Trotz dieser verzweifelten Situation fanden in Litauen nur zwei geheime Bischofsweihen statt, als am 11. September 1955 der am 22. Mai im Stillen zum Titularbischof von Celenderi und zum Kapitularvikar von Telšiai ernannte Petras Maželis konsekriert wurde. Seine Weihe wurde noch im selben Jahr veröffentlicht, und von 1964 bis zu seinem Tod 1966 konnte Mons. Maželis noch als ordentlicher Bischof seine Diözese übernehmen. Am selben Tag wie Mons. Maželis wurde ein weiterer Bischof ernannt. Julijonas Steponavičius, Titularbischof von Antarado, der ebenfalls am 11. September die Weihe empfing, war als Weihbischof von Panevėžys vorgesehen, konnte sein Amt jedoch nicht ausüben. Von 1960 bis 1973 offiziell Apostolischer Administrator, lebte er in der Verbannung. Das änderte sich auch 1963 nicht, als er zusätzlich als Administrator die Leitung der Erzdiözese Vilnius übernehmen sollte. Erst am 10. März 1989 konnte der Hl. Stuhl ihn zum Erzbischof von Vilnius bestellen. Noch heute wird vermutet, dass Bischof Steponavičius ursprünglich der Kardinal „in pectore“ von 1979 war.

Eine vorerst letzte Bischofsernennung schlug fehl, als am 14. November 1957 Vincentas Sladkevičius, M. I. C.,  zum Titularbischof von Abora und Weihbischof von Kaišiadorys ernannt und am ersten Weihnachtstag geweiht wurde. Auch er konnte sein Amt vorerst nicht ausüben. Erst als 1982 einzelne Neubesetzungen möglich wurden, konnte Mons. Sladkevičius zum Apostolischen Administrator von Kaišiadorys bestellt werden. Im Konsistorium vom 28. Juni 1988 kreierte ihn der Papst zum Kardinal; am 10. März 1989 wurde er neuer Metropolit von Kaunas.

Erzbischof Julijonas Steponavičius

Kardinal Vincentas Sladkevičius

Die Lage entspannte sich ansatzweise ab Mitte der 1960er Jahre. 1965 konnte für Kaunas Bischof Juozapas Matulaitis-Labukas zum Administrator bestellt werden; 1969 wurde ihm Weihbischof Romualdas Krikščiūnas zur Seite gestellt. 1967 wurde Juozas Pletkus Administrator von Telšiai; 1969 konnte Liudas Povilonis zu seinem Weihbischof ernannt werden. Ab 1982 wurden dann nach und nach einzelne neue Besetzungen vorgenommen, doch erst am 10. März 1989 traten wieder normale Zustände ein.

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