Tschechoslowakei

Seit dem 25.02.1948 war die Tschechoslowakei eine kommunistische Diktatur mit strikt antikirchlichem Kurs. Erst mit der Wahl des neuen Staatspräsidenten Václav Havel am 29.12.1989 endete eines der brutalsten Regime seiner Zeit. Die Arbeit der Kirche wurde massiv behindert, und offizielle Bischofsernennungen waren kaum möglich, zumal Teile des Klerus in der regimeabhängigen Pacem in Terris-Organisation gebunden waren. Von den dreizehn Diözesen des Landes waren bis zum 21.12.1989 nur fünf ordnungsgemäß besetzt.

Zu Beginn der schweren Jahre bestand der tschechoslowakische Episkopat aus diesen Mitgliedern:

1943 – 1950 Andrej Škrábik, Bischof von Banská Bystrica

1946 – 1972 Karel Skoupý, Bischof von Brno

1947 – 1972 Joseph Hlouch, Bischof von České Budějovice

1931 – 1956 Mořic Picha, Bischof von Hradec Králové

1948 – 1962 Jozef Čársky, Ap. Administrator von Košice

1947 – 1974 Štěpán Trochta, S. D. B., Bischof von Litoměřice

1949 – 1968 Eduard Nécsey, Ap. Administrator von Nitra

1948 – 1961 Joseph Matocha, Erzbischof von Olomouc

1940 – 1969 Stanislav Zela, Weihbischof von Olomouc

1946 – 1969 Josef Beran, Erzbischof von Praha

1933 – 1961 Antonín Eltschkner, Weihbischof von Praha

1940 – 1960 Peter Pavel Gojdič, O. S. B. M., Bischof von Prešov der Byzantiner

1946 – 1976 Vasil‘ Hopko, Weihbischof von Prešov der Byzantiner

1949 – 1959 Robert Pobožný, Kapitularvikar von Rožňava

1920 – 1965 Ján Vojtaššák, Bischof von Spiš

1949 – 1969 Ambróz Lazík, Ap. Administrator von Trnava

1938 – 1961 Michal Buzalka, Weihbischof von Trnava

Josef Kardinal Beran
Bischof Karel Skoupý
Weihbischof Antonín Eltschkner
Moric Picha, Bischof von Hradec Králové
Bischof Ambróz Lazík
sel. Bischof Vasil Hopko
Stepán Kardinal Trochta

Schon 1950 wurden die griechisch-katholischen Bischöfe Gojdič und Hopko inhaftiert bzw. deportiert, doch auch bei den Bischöfen des lateinischen Ritus war an eine freie Amtsausübung nicht mehr zu denken. Josef Beran, der Erzbischof von Prag, befand sich von 1949 bis 1963 im Gefängnis und exilierte dann nach Rom. Erst 2018 kehrten seine Gebeine von St. Peter nach Prag zurück. Bischof Ján Vojtaššák von Spiš war ebenfalls lange inhaftiert und konnte auch danach sein Amt nicht ausüben. Ähnliches gilt für die meisten übrigen Oberhirten. Der deutschstämmige frühere Prager Weihbischof Johannes Remiger wurde bereits 1946 vertrieben und siedelte nach München um.

Vor diesem Hintergrund wurden in der Folge mehrere Bischöfe geheim geweiht und erst nach erfolgter Weihe publiziert.

1.

geheime Bischofsweihen der Anfangsjahre:

17.09.49 Kajetán Matoušek, Weihbischof von Praha, durch Antonín Eltschkner

13.10.49 František Tomášek, Weihbischof von Olomouc, durch Joseph Matocha

05.11.49 Štefán Barnáš, Weihbischof von Spiš, durch Ján Vojtaššák

26.03.50 Ladislav Hlad, Titularbischof von Cedie, durch Štěpán Trochta, S. D. B.

29.04.50 Anton Richter, Bischof in Bratislava, durch Michal Buzalka

00.00.50 Myron Podhájecký, Bischof des byzantinischen Ritus, durch N. N.?

30.04.50 Karel Otčenášek, Ap. Administrator von Hradec Králové, durch Mořic Picha

geheime Weihe: Kajetán Matoušek
geheime Weihe: František Tomášek
geheime Weihe: Ladislav Hlad
geheime Weihe: Karel Otčenášek

Diese neuen Bischöfe wurden durch das Regime umgehend an der Amtsausübung gehindert. Weihbischof Matoušek konnte erst ab 1988 als Bischof fungieren und Bischof Hlad, lange im Gefängnis, überhaupt nicht. Auch Bischof Otčenášek, lange Jahre Hilfsarbeiter, konnte erst nach dem Fall des Kommunismus erstmals frei das Bischofsamt ausüben. Bischof Richter sowie der mutmaßliche Bischof Podhájecký konnten nie publiziert werden.

Deshalb wurden zur Aufrechterhaltung der Seelsorge ein neuer Weg beschritten und heimlich geweihte Bischöfe nicht mehr publiziert; diese waren nun ausschließlich im Untergrund tätig.

2.

geheime Bischofsweihen von 1951 bis 1967:

02.01.51 Pavol Hnilica durch Robert Pobožný, Bischof von Rožňava

24.08.51 Ján Chryzostom Korec, S. I., durch Pavol Hnilica

09.09.55 Dominik Kal’ata, S. I., durch Ján Chryzostom Korec, S. I.

18.05.61 Peter Dubovský, S. I., durch Dominik Kalata, S. I.

28.10.67 Jan Blaha durch Peter Dubovský, S. I.

29.10.67 Felix Maria Davídek durch Jan Blaha

Mit St. Johannes Paul II: Ján Chryzostom Kardinal Korec, S. I., Bischof em. von Nitra
Geheimbischof Pavol Hnilica, S. I.
Geheimbischof Dominik Kal’ata, S. I.
Geheimbischof Peter Dubovský, S. I.

Pavol Hnilica, der die ČSSR verließ, wurde am 13.05.1964 offiziell zum Titularbischof von Rusado ernannt. Ján Chryzostom Korec, S. I., wurde am 06.02.1990 Bischof von Nitra und am 28.06.1991 Kardinal. Dominik Kal’ata, S. I., wurde am 16.03.1985, als er bereits exiliert war, Titularbischof von Semta. Peter Dubovský, S. I., erhielt am 12.01.1991 die Ernennung zum Titularbischof von Carcabia und Weihbischof von Banská Bystrica. Jan Blaha verzichtete auf eine förmliche Anerkennung Roms, und auch der 1988 verstorbene Felix Maria Davídek wurde bis heute vom Hl. Stuhl offiziell nicht anerkannt. Die Gültigkeit ihrer Weihe ergibt sich jedoch schon daraus, dass die von Mgr. Davídek vorgenommene Weihe von Mgr. Kočiš (siehe unten) im Jahre 2004 von Rom bestätigt wurde. Miklos Waclaw Docekal soll gleichfalls in den 1950er Jahren geheim geweiht worden sein, ohne dass jedoch Näheres bekannt ist. Eine für 1953 berichtete Weihe von Emil Procházka hat möglicherweise nie stattgefunden.

Bischof Davídek entfaltete eine rege Weihetätigkeit, wobei er jedoch offenbar keinen ausdrücklichen Weiheauftrag des Hl. Stuhles einholen konnte und sich, wie offenbar sein eigener Konsekrator Blaha, auf die sogenannten mexikanischen Fakultäten berief. Im Zuge des Kirchenkampfes in Mexiko ab 1915 hatte der Hl. Stuhl den dortigen Episkopat ermächtigt, ohne vorherige päpstliche Bestätigung notwendige Bischofsweihen vorzunehmen. In der extremen Notsituation, in der sich die Kirche in der ČSSR insbesondere nach der Niederschlagung des „Prager Frühlings“ und der darauf folgenden Repression befand, sah er sich veranlasst, das Seine zum Überleben der Kirche und zum Fortbestand der seelsorgerischen Arbeit beizutragen. Das führte zu zum Teil erheblichen Irritationen und Spannungen innerhalb der Ortskirchen, unter denen viele der geheim geweihten Bischöfe und Priester noch nach Jahren zu leiden hatten.

Bischof Davídek: ständige Angst vor dem System
Bischof Davídek: Kondolenzbrief zum Tode von Bischof Hopko
Bischof Davídek: Todesanzeige

3.

geheime Bischofsweihen durch Mgr. Felix Maria Davídek 1967 bis 1987:

03.12.67 Ján Kočiš

23. (24.?) 03.68 Ivan Ljavinec

22.08.68 Jirí Jan Pojer

27.08.68 Marian Dobroslav Kabelka, O. Praem.

27.08.68 Stanislav Krátký

00.08.68 Josef Dvořák

28.11.70 Martin Hrbča

00.00.70 Josef Blahnik

15.08.71 Jindřich Pešek

00.08.72 Oskar Formánek, S. I.

00.08.72 Marián Potáš, O. S. B. M.

02.03.73 Jiří Krpálek

15.03.73 Siard Ivan Klement, O. Praem.

00.12.78 Václav Razik

06.10.79 Dušan Spiridon Špiner

04.12.84 Josef Hinterhölzl

18.12.87 Karel Chytil

Von diesen siebzehn Bischöfen, die ohne ausdrückliches Mandat des Hl. Stuhles geweiht wurden, wurden lediglich Mgr. Ján Kočiš und Mgr. Ivan Ljavinec von Rom anerkannt; beide wurden „sub conditione“ nachgeweiht. Die Davídek-Weihen fanden ohne Mitkonsekratoren und damit oft ganz ohne Zeugen statt, was in der Folge oft zu Unsicherheiten führte. Soweit Mgr. Špiner von bischöflichen Kokonsekratoren seiner Weihe berichtet, entspricht dieses offensichtlich nicht den tatsächlichen Begebenheiten. Bischof Davídek, nach eigenem Verständnis Ordinarius der Untergrundkirche, und viele der von ihm konsekrierten Bischöfe beiderlei Ritus‘ lebten in Brno; Mgr. Špiner war als Koadjutor von Mgr. Davídek vorgesehen, während die Übrigen mit Weihbischöfen vergleichbar waren. Mgr. Pojer lebte die letzten dreißig Jahre vor seinem Tod in der Schweiz.

Bischof des byzantinischen Ritus: Ján Kočiš
Bischof des byzantinischen Ritus: Ivan Ljavinec
Jirí Krpálek
Dušan Spiridon Špiner

4.

geheime Bischofsweihen in der Davídek-Linie 1967 bis 1982:

03.12.67 Ján Kočiš durch Felix Maria Davídek

24.08.69 Bedřich Provazník durch Ján Kočiš

24.10.70 Fridolin Zahradník durch Bedřich Provazník

00.00.71 Ján Krajnák durch Bedřich Provazník

00.00.7? Serhej Kovc durch N. N.

00.00.73 Josef Jindra durch Fridolin Zahradník

00.00.75 Nikodém Mikulaš Krett durch Fridolin Zahradník

14.06.75 Bartolomej Urbanec durch Nikodém Krett

00.00.81 Ondrej Fogaš durch Nikodém Krett

00.00.81 Anton Novobilský durch Nikodém Krett

29.05.82 Jan Konzal durch Fridolin Zahradník

29.05.82 Pavel Hájek durch Fridolin Zahradník

Die Bischofsweihen von Ondrej Fogaš und Anton Novobilský sind nicht abschließend belegt. Bis auf Mgr. Ján Kočiš ist keiner der Priester vom Heiligen Stuhl als Bischof anerkannt.

Mgr. Bartolomej Urbanec
Fridolin Zahradník
Mgr. Ján Krajnák

Um zu verstehen, warum so viele Geheimbischöfe, die oft voneinander nichts wussten, ohne Zustimmung Roms geweiht wurden, ist es nützlich, einen Blick auf die geringe Anzahl derjenigen Bischöfe zu werfen, die nach 1949 offiziell ernannt werden konnten:

00.00.1965: František Tomášek, Ap. Administrator von Praha

28.02.1973: Jozef Feranec, Bischof von Banská Bystrica

28.02.1973: Julius Gábriš, Ap. Administrator von Trnava

28.02.1973: Ján Pasztor, Bischof von Nitra

28.02.1973: Josef Vrana, Ap. Administrator von Olomouc

30.12.1977: František Kardinal Tomášek, Erzbischof von Praha

19.05.1988: Jan Lebeda, Weihbischof von Praha

19.05.1988: Antonín Liška, Weihbischof von Praha

19.05.1988: Ján Sokol, Ap. Administrator von Trnava

26.07.1989: Josef Koukl, Bischof von Litoměřice

26.07.1989: Ján Sokol, Erzbischof von Trnava

26.07.1989: František Tondra, Bischof von Spiš

26.07.1989: František Vanák, Ap. Administrator von Olomouc

1973 geweiht: Bischof Jozef Feranec
1973 geweiht: Bischof Ján Pasztor

Am 19.05.1988 wurde es ferner Mgr. Kajetán Matoušek gestattet, sein Amt als Weihbischof von Prag auszuüben. Von den vier neuen Bischöfen des Jahres 1973 standen zwei, Mgr. Feranec und Mgr. Vrana, „Pacem in Terris“ nahe. Als Paul VI 1969 Mgr. Štěpán Trochta, S. D. B., und 1976 Mgr. František Tomášek in das Kardinalkollegium aufnahm, konnte es jeweils nur „in pectore“ geschehen; die Publikation der Kreierung erfolgte 1973 bzw. 1977.

Ave Crux: Weihestammbaum von Bischof Lazík

Die Fotos dieser Seite entstammen den Archiven von Herrn Hofrat Dr. Manfred Kierein, Wien, von Herrn Andreas Brender, MA, Kirchzarten, von Herrn Michael Kurt, Obertshausen, und dem Archiv des Autors.

LITERATUR:

Birtz, Mircea Remus/Kierein, Manfred: Voices from Ecclesia militans in Czechoslovakia, Editura Napoca Star 2011. – Wenngleich diesem kleinen Band stellenweise mit kritischer Distanz begegnet werden sollte, so fasst er die Vorgänge der dunklen Jahre im Wesentlichen zutreffend zusammen.

Vybíralová, Eva: Untergrundkirche und geheime Weihen, echter 2019. – Promotionsarbeit mit zahlreichen Dokumenten sowie Daten und Abläufen geheimer Priesterweihen.

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